Erinnern Sie sich noch an den G 55 AMG? Die brave Allround-Dragsau? War er Ihnen einen Stufe zu brav? Ok, nehmen wir den Jeep Grand Cherokee SRT-8. Dieses Auto ist die Dragbitch unter den SUVs. Und das soll jeder hören. Zündschlüssel umgedreht und schon wummert der mächtige V8 durch die mittig platzierte Auspuffanlage. Wer braucht auch schon eine Anhängerkupplung, hauptsache der Fuß juckt am Gaspedal und die Bitch hustet dreckig drauf los.
Dafür sorgen die durchaus potenten 433 Pferde aus dem mit gigantischen 6.1 Liter Hubraum gesegneten Hemi V8. Die Street and Racing Technology – kurz SRT-Truppe – hat wieder zugeschlagen.
Während der SRT-8 im Chrysler 300C eher einen faulen Job hinlegt, geht es hier richtig zur Sache. In fünf Sekunden schnellt die Ghetto-Schleuder 569 Nm auf alle vier Räder, bis die 100 km/h erreicht sind. Natürlich auf vier angetriebenen Rädern, wobei die meiste Zeit der Hauptteil der Kraft auf die Hinterachse übertragen wird. Dies nennt sich dann „Quadra-Trac Active on Demand“. Doch das bärenstarke Herz des Jeeps erfordert auch einige Modifikationen wie das neue stärkere Verteilergetriebe. Das Alte wäre hoffnungslos überfordert gewesen mit der immensen Kraftübertragung. Die 5-Gang-Automatik aus dem Hause Mercedes arbeitet noch im Old-School-Modus, soll heißen, jeder Gangwechsel wird dem Fahrer mit Druckbelastung auf die bequemen Sportsitze übermittelt.
Da guckt mich doch glatt ein fescher Bub in seinem schicken Porsche Carrera 4 ungläubig an der Ampel an – und macht erstmal den Larry. Jeep versus Porsche – aber natürlich machen wir das! Rot, Gelb, Grün…Kickdown. Und schon knickt sein leicht verachtendes Grinsen ein und geht in ein „Oh, hab ich vielleicht unterschätzt Lächeln“ über. Nächste Ampel, gleiches Spiel. Sein Lächeln ist mittlerweile eingefroren, die Lady auf dem Beifahrersitz lacht sich scheckig. So macht Autofahren Spaß.
Das Fahrwerk ist perfekt abgestimmt auf die Bedürfnisse des SRT-8 und erlaubt trotz der straffen Straßenlage eine ausgezeichnete Dämpfung im Alltagsverkehr. Leichte Drifts in engen Kurven und darauf folgende Sprinteinlagen aus der Kurve hinaus sind durchaus möglich. Nur mit dem neuen Cayenne Turbo und seinem aktiven Fahrwerk habe ich mich mehr in die Kurven getraut, als mit dem Cherokee. Positiv zu bemerken ist hier das dezente ESP, das nur bei waghalsigen Fahrmanövern den Sicherheitsanker wirft.
Dieses Auto lässt jedes Proletenherz höher schlagen. Der Jeep Grand Cherokee SRT-8 – Sinn und Zweck dieses ehemaligen Nutzfahrzeugs? Auffallen und rumstänkern, was das Zeug hält. Dieses Auto hat so gut wie gar nichts mehr mit dem Ursprungsgedanken des Grand Cherokee zu tun. Es ist laut, es ist schnell, es ist auffällig und es schluckt Sprit wie eine Edeldirne zu ihren besten Zeiten. Und bei all diesen ganzen Posereigenschaften macht dieses Fahrzeug auch noch eine verdammt gute Figur.
Auf der Autobahn geht es dann richtig zur Sache. Bewaffnet mit 20 Zoll Hochgeschwindigkeitsreifen von Scorpion Zero und einer monströsen Frontschürze begegnen wir jedem Auto vor uns mit einer Mischung aus Mitleid und Respektlosigkeit. Der Jeep bittet nicht zum Spurwechsel, er fordert die linke Spur einfach ganz allein für sich. 245 km/h sind in den Papieren angegeben, 285 sind laut Tacho möglich und auch das GPS zeigt letztenendes, dass dieser SRT-8 mit 260 km/h besonders durchtrainiert ist. Sollte es doch einmal hart auf hart kommen, packen die Brembos bissig zu und bringen das Auto aus Tempo 100 in unter 40 Metern zum Stehen. Eine Allroundwaffe ist dieser Wagen beileibe nicht mehr. Er hängt mit der Frontschürze so tief gen Boden, das Offroadeinsätze nicht mehr möglich sind, Parkhäuser ausgeschlossen. Doch mal ehrlich, wieviele Cherokee-Eigentümer nutzen ihr Auto wirklich fürs Gelände?
Leider vergaß man bei den ganzen Spielereien, die dem Oberklassemodell von Jeep eingepflanzt wurden, den Tank zu vergrößern. Mit Vollgas sind noch nicht mal 200 Kilometer drin. Und glauben Sie mir, nichts macht mehr Spaß, als mit dieser Karre alles von der linken Spur zu scheuchen.
Im Innenraum müssten Sie als zukünftiger „King Pimp der Streets of Germany“ noch ein wenig reinhauen, aber die Grundausstattung ist auf jeden Fall gegeben: Sportsitze mit gutem Seitenhalt, ein monströses Armaturenbrett beherbergt die Zentrale der Boston Accoustics Anlage, die mit dem Donnern des V8 durchaus mithalten kann. Ansonsten hat sich nichts großartig im Gegensatz zum Original verändert.
Dieses Auto ist mit allem gesegnet, was ein Einstiegs-Hip-Hopper begehrt und begeistert dazu noch mit einem exzellentem Fahrverhalten sowie einem bissigen Motor. Da wo der 300C SRT-8 langweilig wird, legt der Grand Cherokee noch mal richtig los. Unglaublich, wie ein Motor dem Fahrer zwei so verschiedene Facetten in Sachen Fahrspaß und Emotionen suggerieren kann. Und das für einen Preis, der die Konkurrenz wirklich zum Grübeln bringt. Vollausgestattet für knapp 70.000,- Euro haben Sie hier einen SUV, der jedem „Greenpeace-Öko-Aktivisten“ Pipi in die Augen treibt. Pipi läuft Ihnen auch schnell aus den Augen, vor lauter Begeisterung. Aber keine Angst, der zweite Gang drückt Sie noch eimal in die Sitze und lässt die Tränen schnell trocknen.
Text / Fotos: Mario-Roman Lambrecht